Birgit Kempker
Sphinx

Sphinx ist eine interaktive literarische Onlineplattform auf der User seit 2004 die unterschiedlichsten Fragen stellen und mit einer individuellen, oulipoetischen Antwort rechnen können. Oulipoetisch ist die Abkürzung von Ouvroir de Littérature Potentielle, einer Werkstatt für potentielle Literatur, wo Kempker die grundlegende Versform für ihre Antworten gefunden hat: Die sechs mal sechs Verse der Sestine der barocken Lyrik.

Die Sphinx wird als Wahrsagerin ebenso geprüft, wie als allwissende Denkmaschine, sie wird um Beistand in Liebesdingen und als Dialogpartner für philosophische Diskurse ebenso angegangen, wie für eine Terminanfrage zur weiteren Zusammenarbeit. Ihre Antwort darauf ist so abwechslungsreich wie die Fragen und selten eindeutig, oft humorvoll, immer semantisch mehrdeutig und rätselhaft.

Anders als bei der Sphinx der griechischen Mythologie, deren Blick tödlich war, wenn die Reisenden das von ihr gestellte Rätsel nicht zu beantworten vermochten, blickt man ihr direkt in eines der blauen Augen auf dem Startbildschirm, wenn auch der Rest des Gesichts hinter der perforierten Oberfläche verborgen bleibt. Neben der Garantie, diesen Blickkontakt zu überleben, gibt es diejenige einer poetischen Auseinandersetzung im Netz, eine Garantie für Eindeutigkeit sucht man vergebens, ist bei dieser Sphinx ihre Antwort das potentielle Rätsel.

(Text: Bettina Back)

Künstler:in: Birgit Kempker
Titel: Sphinx
Jahr: 2004
Format: Interaktiv, Partizipatorisch, Internet, Netzkunst
Dimension: Variable
Ankauf: Permanent loan from the Digital Art Collection, Basel (Annette Schindler and Reinhard Storz), 2017. Inv. No. S0035.
Künstler:innen Link: http://www.xcult.org/kempker