Aline Zeltner
Lideslied
Lideslied ist die erste Videoarbeit der Schweizer Künstlerin Aline Zeltner, die zunächst vor allem mit Objekten, Installationen und Performance gearbeitet hatte. In einer überlebensgrossen Projektion in Zeitlupe und unter rhythmischen Saitenklängen reitet eine Frau auf einem braun glänzenden Pferd aus der Tiefe einer sommerlich grünen Wiese auf die Betrachtenden zu. Inhalt, eine schöne junge Reiterin und Form, die Zeitlupe, erfüllen die klassischen Kriterien eines romantisierenden Narrativs. Unterstützt wird dieser Gedanke durch die absichtliche Nähe des Titels Lideslied zu Liebeslied. Der inhaltliche Bruch, der sich bereits im Titel andeutet, wird im Film durch ein genresprengendes Objekt vollzogen. Nach und nach erkennt man eine überdimensionierte Holzbrille vor den Augen der Reiterin, deren Ränder karikaturhaft weit über diese hinausragen und explizit auf ihren Blick hinzuweisen scheinen. Bei der Brille handelt es sich um ein bereits bestehendes Werk Zeltners. Anstelle der Brillengläser ist eine Saite quer über die Augen gespannt, welche die Wimpern beim Schliessen und Öffnen der Augen streifen. Der betonte Vorgang des Anblickens komponiert so das ganz und gar wörtlich gemeinte, selbstreflexive Lideslied.
(Text: Bettina Back)